Hafenrestaurant, Zug: Das Auge isst mit

Das Hafenrestaurant am Ufer des idyllischen Zugersees ist in doppelter Hinsicht ein optischer Genuss: Die Kulisse, vor der ich hier speise, ist schon beinahe kitschig schön – und die Teller nicht minder attraktiv. Einen Haken gibt es leider trotzdem.    

Das Konzept: Berg- und Seeromantik in einem

Schon beim Betreten des Hafenrestaurants in Zug halte ich die Luft an: Ein so schönes und schön gelegenes Restaurant bekommt man selbst in der Schweiz nicht jeden Tag zu Gesicht. Ich habe zehn Jahre lang vorwiegend hier gelebt und habe einen guten Überblick über das Angebot in der Region: Die meisten touristisch attraktiven Restaurants haben entweder Berglagen oder Seelagen. Das Hafenrestaurant hat beides – Berg– und Seeromantik in einem.  

Die meisten Restaurants in einer touristisch so attraktiven Umgebung würden sich auf so einer Lage ausruhen. Was mir am Hafenrestaurant wirklich imponiert ist, dass es das nicht tut. Das Konzept geht weit über den spektakulären Blick hinaus.  

Der Innenraum mit seinem gediegenen, aber auch hellen und farbenfrohen Interieur könnte genauso gut in einem der moderneren Grand Hotels in Zürich beheimatet sein. Die minimalistische Außenfassade mit ihrem streng geometrischen Zusammenspiel von Holz und Glas wirkt, als wolle das Restaurant nebenbei auch noch ein paar Designpreise mitnehmen. Durch eine kleine Lounge geht es an der Bar vorbei in den Restaurantbereich mit großer Außenterrasse – durchdacht und stilvoll. Nicht jeder erwartet in diesem Setting ein solches Design; mir gefällt es ganz ausgezeichnet. Warum sollen Natur und Design sich nicht zu einer innovativen Einheit verbinden?  

Das hohe Niveau gilt, zu meiner großen Freude, auch für die Teller, die hier gereicht werden: Das Hafenrestaurant meint es ernst mit seinem gastronomischen Anspruch.  

Restaurant Confraria Cascias
Foto: Die Einrichtung ist gekennzeichnet durch einen modernen, jugendlich-verspielten Stilmix

Die Location: Zum Leben erwachtes Gemälde

Die Kulisse ist pittoresk: Direkt am Zugersee gleitet der Blick über die spiegelklare Wasseroberfläche ins Bergpanorama am Horizont hinein: Hier herrscht perfekte Sicht  auf den Zugerberg und die Berge zwischen Zug und Luzern wie den Wildspitz, den Rigi oder den Rooterberg. Es ist wie ein zum Leben erwecktes Gemälde – besonders wenn man einen Tisch auf der Terrasse ergattert und praktisch auf dem See speist.  

Die Anreise ist, wie bei allen kleineren Schweizer Städten, weitgehend autoabhängig, obwohl Zug auch gut mit der Bahn erreichbar ist. Wer etwa wie ich häufig zwischen Zürich und Luzern unterwegs ist oder Urlaub am Vierwaldstättersee macht, kann hier bequem Station machen.  

Und das tun ganz offensichtlich viele: Bei meinem Besuch an einem Feiertag zur besten Mittagszeit ist das Restaurant knallvoll, vorwiegend jedoch scheinbar mit Einheimischen.  

Restaurant Confraria Cascias
Foto: Die Einrichtung ist gekennzeichnet durch einen modernen, jugendlich-verspielten Stilmix

Die Qualität: Tagesgerichte à la carte im Test

Restaurant Confraria Cascias
Foto: Das Sushi im Confraria ist außergewöhnlich

Die guten unter den neuen Restaurants überall auf der Welt werden oft von jungen Wilden geführt, die lustvoll mit neuen Konzepten experimentieren, auch vor den anspruchsvolleren Techniken nicht zurückschrecken und sich in der internationalen Küche auskennen, dabei aber oft einen überraschend stark ausgeprägten regionalen Bezug haben.  

So auch die Küche im Hafenrestaurant: So avantgardistisch wie das Gebäude ist die Küche bei weitem nicht, aber sie ist gemessen an der klassisch-kitschigen Lage überraschend modern und vielseitig.  

Im Mittelpunkt steht, dem Namen und der Lage gebührend, die Fischküche: sowohl traditionell-herzhafte als auch vergleichbar der Fassade schlicht-modern durchdesignte Fischrezepte, vorwiegend mit Fisch aus heimischen Gewässern, dominieren die Karte. Mediterrane Fleischgerichte und vegetarische Speisen runden das Angebot ab, und auch der eine oder andere Schweizer Klassiker fehlt nicht. So ganz im Stich lassen kann man die Touristen und Heimatreisenden in dieser Lage ja auch wieder nicht.   

Und das Essen ist ausgezeichnet. Mein Crispy Chicken ist wunderbar in der Pfanne ausgebraten, nicht wie in Touristen-Restaurants häufig anzutreffen aus der Fritteuse. Der Spargel dazu ist auf den Punkt gegart. Mein Essen ist ein Tagesangebot, und die Karte wird regelmäßig verändert. Sehr empfehlenswert sind die ständig wechselnden Fischgerichte des „Catch of the day“.  

Auch das Weinangebot spricht für sich, denn hier sind hervorragende Weine als Magnum-Flaschen vorrätig, nach denen ich sogar in manchem Restaurant in Zürich schon vergeblich gefragt habe.  

Das Preis-Leistungs-Verhältnis: Viel Klasse, zu wenig Masse

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist leider der Schwachpunkt des Hafenrestaurants. Eigentlich sind die Preise der Qualität und dem Vergleichsumfeld angemessen: ein Vorspeisen-Salat für etwa 13 CHF, Hauptgänge vom Fisch zwischen 35 und 40 CHF und das Kalbsgeschnetzelte für 42 CHF sind gewiss keine Schnäppchen, für gehobene Qualität in der Region aber absolut üblich. Das teuerste Gericht auf der Karte ist ein Surf & Turf mit Hummer und Rinderfilet für knapp 60 CHF.  

Die Preise für die Gerichte sind also angemessen; das Problem ist die Größe der Portionen. Die sind so klein, dass ich zwei Hauptgerichte bestellen muss und danach immer noch nicht wirklich satt bin. Damit mag ein Trend-Restaurant mit experimenteller Mode-Küche in London oder vielleicht auch Zürich durchkommen, bei dem es um Dabeisein und Ausprobieren geht. Nicht aber ein (wie auch immer anspruchsvolles) Restaurant an einem Schweizer Gebirgssee, das mit seiner Lage automatisch viele Ausflügler und Durchreisende anzieht – Menschen also, die Hunger haben. Der Qualität sind die Preise absolut angemessen – den Portionen aber nicht. In diesem Sinne ist es leider zu teuer. 

Klar, Zug ist ein reicher Ort. Aber auf die Zuger allein sollten die Inhaber sich nicht verlassen. An einem Feiertag wie heute trifft sich hier augenscheinlich die lokale Society. An anderen Tagen und während der Saison dürfte der Anteil der Einheimischen deutlich geringer sein.  

Restaurant Confraria Cascias
Foto: Das Confraria liegt abseits vom Trubel und ist ein echter Geheimtipp

Das Fazit: Die Kalorien wert?

Das Hafenrestaurant in Zug ist ein hervorragendes Restaurant, das mehrere Stärken gekonnt miteinander vereint: Die Lage ist 1A, und die Qualität des Essens ist für ein Restaurant mit so touristischen Vorzeichen überraschend fein. Ich habe mich in entspannter, aber sehr gepflegter Atmosphäre, im anspruchsvollen Ambiente und bei professionellem Service sehr wohlgefühlt – und vor allem habe ich ausgezeichnet gegessen. Der einzige Haken ist: Mit großem Hunger sollte man nicht ins Hafenrestaurant kommen, denn dann kippt das Preis-Leistungsverhältnis zum Sauren. Abgesehen davon ist das Hafenrestaurant eine klare Empfehlung.  

Die Wertung auf der Travelgrand-Skala: 4/6 Designer-Kochmützen plus.  

#Wertung

Service-Faktor
Service-Faktor
1
5
10
Design-Faktor
Design-Faktor
1
5
10
Herzlichkeits-Faktor
Herzlichkeits-Faktor
1
5
10
Innovations-Faktor
Innovations-Faktor
1
5
10
Kreativitäts-Faktor
Kreativitäts-Faktor
1
5
10
Nachhaltigkeits-Faktor
Nachhaltigkeits-Faktor
1
5
10
Wohlfühl-Faktor
Wohlfühl-Faktor
1
5
10
Hardware-Faktor
Hardware-Faktor
1
5
10
Gourmet-Faktor
Gourmet-Faktor
1
5
10

Die Bewertung erfolgt nach subjektiven und zugleich professionellen Gesichtspunkten aus meiner Perspektive als langjähriger Branchen-Insider anhand des Net Promoter Score auf einer Skala von 1 (unwahrscheinlich, dass ich das Unternehmen einem Freund oder Kollegen empfehlen würde) bis 10 (äußerst wahrscheinlich).


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